Carla Berinda

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Erotik versus Intimität

“Meine Beziehung ist tot!”, sagte Gina und ergänzte : “Wir schauen uns kaum noch an, noch werde ich von meinem Partner sexuell begehrt. Er ist zwar für mich im Alltag da, kümmert sich wunderbar um die Kinder und das Finanzielle, jedoch funkt es nicht mehr zwischen uns. Was soll ich tun? Ist Zeit für mich zu gehen?”

Gina ist nicht allein in ihrer ungelebten erotischen Begierde innerhalb ihrer Partnerschaft, die sie seit 12 Jahren führt.

Den Funken in langjährigen Beziehungen aufrechtzuerhalten ist ein Akt der Befreiung aus starren Rollen und Besitzanspüchen, und diese bewusste Befreiung verlangt Imagination, Neugierde, Kreativität und das beabsichtigte Planen rund um unsere Sexualität.

Warum widerspricht die so sehr gesuchte Intimität zwischen Partnern unsere innenwohnende sexuelle Begierde?

Warum sind das “Bund fürs Leben” sowie diese erstickende intime Vertrautheit, zwischen Mann und Frau der absolute Abtörner für sexuelle Lust?

Warum ist es so, dass das Verschmelzen zweier Menschen als Freunde und Vertraute der absolute TODESKUSS für Begierde ist?

Heutzutage gehen wir Partnerschaften ein, weil wir uns nach Sicherheit, Familie, Zugehörigkeit, Stabilität sehnen. Wir wollen unseren Partner an unserer Seite, für immer am liebsten, denn dieses würde uns die vermeintliche Sicherheit geben, niemals wieder allein sein zu müssen.

Dieses Verlangen nach Sicherheit stößt allerdings genau das ab, was man/frau sich auf der anderen Seite wünscht:

Die KEHRSEITE des Verlangens nach stabilen Verhältnissen ist der Wunsch nach ABENTEUER, NEUIGKEIT, ÜBERRASCHUNG, nach FREIHEIT und EROTISCHER LUST.

Wie also kann ich den Wunsch nach Intimität mit dem Wunsch nach Erotik in meiner Beziehung vereinen?

Was sind die Ingredientien, die eine würzig-scharfe jedoch gleichzeitig nährende und erfüllende Beziehung ausmachen?

Ist es überhaupt möglich Vertrautheit mit Begierde zu vereinen?

Sind unsere Erwartungen zu unrealistsich in Bezug auf unsere Partnerschaft?

Früher ist man/frau eine Ehe eingegangen, aus wirtschaftlich-sozialen Gründen:

Man wurde verheiratet, um eine gemeinsame Existenz aufzubauen, Kinder großzuziehen und um jemanden an der Seite zu haben.

Heutzutage erwarten wir ebenfalls die wirtschaftlich-soziale Erleichterung einer Partnerschaft oder Ehe, aber darüber hinaus erwarten wir noch vielmehr von unserem Geliebten:

Er/sie soll zusätzlich dazu noch der beste Freund, der intime Kumpel, der Vertraute & leidenschaftlicher Liebhaber sein.

WIR GEHEN ZU EINER PERSON UND ERWARTEN VON IHM DAS, WAS FRÜHER DAS GANZE DORF FÜR UNS WAR!

“Gib mir Zugehörigkeit, gib mir meine Freiheit.

Gib mit Beständigkeit, aber gib mir auch Überraschung .

Gib mir Komfort und gib mir das Abenteuer.”

Wie also können wir Liebe oder Intimität mit Erotik und Begierde vereinen?

Wenn es ein Verb gäbe für Liebe wäre es “zu haben”

Wenn es Verb gäbe für Begierde wäre es “zu wollen.”

In der Liebe wollen wir “Haben”. Wir wollen Nähe & Vertrautheit, und in unserer Erotik wollen wir Neues, was Anderes, das Unbekannte, eine Brücke zum überqueren.

Und genau das ist der SCHLÜSSEL ZUR EROTIK IN LANGJÄHRINGEN BEZIEHUNGEN!

RAUM!

RAUM ZU HABEN, um den Partner aus der Distanz zu vermissen.

RAUM ZU HABEN, um sich den Partner liebevoll oder erotisch vorzustellen, wie er/sie in seinem Leben steht uns darin strahlt.

RAUM ZU HABEN, um das eigene Leben zu leben, welches nicht mit dem Partner geteilt wird.

RAUM ZU HABEN, um eigene Ziele zu erreichen, um sich in der eigenen Haut selbstbewusst und strahlend zu fühlen.

Wenn es uns gelingt intim, romantisch, ehrlich und verbunden mit unserem Partner zu sein, ist dies das sichere & haltende SPRUNGBRETT, von dem aus wir unsere eigenen Abendteuer erleben dürfen. Sprich, wenn wir unsere Besitzansprüche zurückschrauben und erkennen, dass unser Geliebter/ unsere Geliebte auch alleine in seinem/ ihrem eigenen Leben strahlen möchte und darf, dann kommen wir der Erotik näher! Denn nichts ist so attraktiv als jemand, der einen nicht braucht. Der/die selbständig ist, und nicht bedürftig. Einer/eine, die uns will & begehrt, aber genauso gut auch ohne uns weiterexistieren kann. Und wie schön ist es, wenn dein Partner/ deine Partnerin zu dir sagt:

“Mache es! Erfülle deinen Traum. Ich stehe hinter dir und erwarte dich mit offenen Armen.”

Wenn wir nicht eingeengt werden, uns trotzdem geliebt fühlen, ist dies der Nährboden für eine erfüllte erotische Liebesbeziehung.

Und dazu kommt noch, dass der andere NICHT VERANTWORTLICH FÜR DEIN INNERES STRAHLEN IST.

Erotische Intelligenz verlangt von uns, dass wir in uns selber UNSERE EIGENE FLAMME ZÜNDEN!

ES liegt in der Eigenverantwortung, zu wissen, wie DU DICH SELBER ANTÖRNEN SOWIE AUCH ABTÖRNEN KANNST!

Und das liegt NICHT am Partner, sondern an dir.

Wenn du ins Fitnessstudio oder zum Yogakurs gehst, wenn du deine Orgasmusfähigkeit trainierst oder Tantra lernst, wenn du diverse Menschen triffst, die deine Flamme nähren und dich inspirieren, wenn du du dir Gutes tust und dein Leben aktiv danach richtest, dir zu ERFÜLLEN, was dich begeistert, dann wirst du ANGETÖRNT VON DEINEM LEBEN SEIN.

Die Frage ist also nicht:

Was törnt mich an? Sondern :

Wie törne ich mich an?

Und wie schalte ich meinen Eros aus?

Wenn ich mich auf der anderen Seite ”gehen lasse”, meinen Köper als Hassobjekt betrachte, wenn ich keine Ziele habe und mich tot fühle, dann kann mein Partner so ziemlich alles veranstalten, um mich zu bezirzen, es wird fehlschlagen!

Wenn DU also die Verantwortung für deine Erotische Anziehungskraft übernimmst, hast du gewonnen!

Denn diese EROTIK oder magnetische Anziehungskraft nimmst du mit in deine Beziehung. Dadurch, dass du auf deine freudigen Bedürfnisse schaust, respektiert und verehrt dein Partner dich immer mehr, und Du wirkst ANZIEHEND AUF IHN/SIE.

Du gewinnst an Attraktivität!

Zudem erschaffst du dadurch RAUM in deiner Partnerschaft, weil du ein eigenes Leben hast. Du verbringst Zeit mit deinen eigenen Sachen, triffst andere Menschen und verbrauchst einen Teil deiner Freizeit für all diese ICH- Aktivitäten. In dieser Zeit hast du und dein Partner RAUM, um sich den anderen vorzustellen. Um ihn/sie aus der Distanz zu ersehen und zu vermissen. Um ihn/sie zu bewundern während er/sie in seinem/ihrem Leben glänzt.

VERLANGEN KOMMT DURCH ABWESENHEIT.

Sprich ich kann eine wunderschöne Beziehung eingehen, aber ich verliere mich nicht darin und behalte meinen Fokus AUCH in meinem Leben und erwarte keine EXKLUSIVITÄT von meinem Partner!

Eine Partnerschaft ERBLÜHT, wenn Vertrautheit & Freiheit koexistieren dürfen.

Vertrautheit bedeutet für mich sich jemanden hingeben zu können. Sich emotional, körperlich und geistig für jemanden zu öffnen. Verletzlich und ehrlich zu sein. Und das muss nicht immer in Worte verpackt sein. Es ist ein Raum im Inneren. Eine Entscheidung zu teilen. Sich zu offenbaren. Wunden zu zeigen. Und das setzt natürlich voraus, dass ich mich innerhalb dieser Beziehung sicher fühle. Urvertrauen habe. Dass der Mensch, mit dem ich zusammen bin, mit mir in die gleiche Richtung schaut. Gemeinsame Werte mit mir teilt. Mit mir kompatibel ist. Gemeinsam über die wichtigen Dinge kommunizieren kann. Aber auch hier MUSS ICH NICHT ALLES MIT MEINEM PARTNER TEILEN. Denn Erotik liebt das Geheimnisvolle, das Mysterium, das Unerklärliche, den Unterschied.

Vertrautheit bedeutet nicht alle Geheimnisse preiszugeben.

UND WIE KANN ICH MEINE SEXUALITÄT ALS PRIORITÄT INNERHALB DER PARTNERSCHAFT LEBEN?

Diesen letzten Punkt möchte ich noch ausschmücken, denn wie oft verlassen sich Partner auf den spontanen “richtigen” Moment für Sex?

Und wie oft kommt es auch vor, dass dieser Moment einfach nicht kommen mag?

Die Kinder sind da, Mama ist erschöpft, Papa überarbeitet, es gibt keinen Babysitter, die Nerven sind am Ende!

Ja, stell dir vor:

Sex darf mit deinem Partner auch geplant werden.

Das Erotische Paar weiß, das Spontanität nicht der Schlüssel zum erfolgreichen Sex ist. Es ist die Intentionalität die wirkt. Die Absicht Zeit einzuplanen für die partnerschaftliche Vereinigung.

Er ist es wert eine Termineintragung im Kalender zu machen!

Und in dieser eingeplanten EROTIKZEIT wird der Alltag und alle Erledigungen verschoben, vergessen und vergraben.

Jetzt darf der Urmann, die Urfrau auftauchen. Alle Verpflichtungen loslassen und das WILDE, UNERWARTETE, das MAGISCHE und ZEITLOSE miteinander genießen, Neues ausprobieren, sich der LUST VOLL HINGEBEN.

Das heißt nicht, dass Erotik nur in diesen Zeiten ausgelebt werde darf.

In Wahrheit beginnen Erotik und Vorspiel, sobald der letzte Orgasmus stattgefunden hat.

Sie darf nicht nur in exklusiven Zeiten stattfinden, sondern auch den Alltag versüßen.

Es ist das Flirten beim Kochen in der Küche.

Ein leidenschaftlicher Blick des Begehrens, wenn gerade Gäste da sind und die Lust im Inneren pocht.

Ein Kuss am Hals.

Ein kleiner Zettel der hinterlassen wird, wo drauf steht: “ Ich werde dich vernaschen, wenn ich heimkomme! “

Und das Erotisch Erwachte Paar weiß auch, dass Leidenschaft nicht immer gleich brennt.

Deswegen hat das Erotisch Erwachte Paar das Talent entwickelt, die FLAMME DER BEGIERDE WIEDER ZÜNDEN ZU KÖNNEN. Ja, diese Gabe bedeutet kreativ zu sein, Unerwartetes einzuladen, Überraschungen zu planen, den Alltag zu verlassen!

DEIN URZUSTAND:

Ja, wir sind ALLE ROHE SEXUELLE WESEN, die nur durch sexueller Energie hier sind!

Und diese kreative LEBENSKRAFT zu kultivieren, zu leben und zu teilen macht den UNTERSCHIED ZWISCHEN DAHINLEBEN UND GEDEIHEN!

Das bedeutet, dass ich beginnen muss, meine eigene Sexualität zu kultivieren, meine weibliche oder männliche Anatomie zu verstehen, zu wissen, was ich brauche, um in Fahrt zu kommen und erregt zu werden. Und das kann ich nur erfahren, wenn ich beginne meinen Eros zu leben, mich als sexuelles Wesen zu sehen. Mich selber zu entdecken. Sie ist mein individueller Ausdruck, die Art und Weise, wie ich dem Leben begegne und mich mit ihm verbinde.

Sie ist natürlich.

Sie ist magisch.

Und nur wenn ICH SIE GUT KENNE, KANN ICH MEINE SEXUELLEN WÜNSCHE AUCH MEINEM PARTNER MITTEILEN.

Und dann beginnt die Reise in die ZWEISAMKEIT, die immer etwas EINSAMKEIT braucht.

Love Carla